Schadstoffberatung Tübingen

Schimmelpilze

Wenn Tapeten oder Schränke Stockflecken oder pelzartige Überzüge aufweisen - spätestens dann wird Schimmelbefall in Wohnräumen als störend empfunden. Mit dem Pilz wächst auch die Frage: kann mich das krankmachen?

Tatsächlich können Schimmelpilze auf drei Arten zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit führen:

  1. Der Pilz bildet in seinem Stoffwechsel giftige Substanzen, die sogenannten Aflatoxine. Diese Stoffe wirken jedoch nur dann auf den Menschen schädlich, wenn sie über verschimmelte Lebensmittel oder Einatmen von Teilen des Schimmelbelages in den Kreislauf gelangen.
  2. Der Pilz benützt menschliches Gewebe als Nährstoffquelle und erzeugt Krankheiten. Anfällig für Erkrankungen durch Schimmelpilze sind besonders die Schleimhäute in Lunge, Nase und Mund. Die größte Gefahr geht von den Sporen aus, die zur Vermehrung in großer Anzahl in die Raumluft abgegeben werden. Die Sporen gelangen über die Atemwege in Bronchien und Lunge. Sind die Atemwegsgewebe vorgeschädigt, kann es zu einer Auskeimung und damit zu Erkrankung, z.B. in Form von Asthma, kommen. In schweren Fällen können Nerven- und Nierenfunktionsstörungen sowie Entzündungen der Herzinnenhäute auftreten.
  3. Nach wiederholtem Kontakt mit Pilzen oder Pilzsporen kann es zu allergischen Reaktionen kommen. Allergien sind Überempfindlichkeiten des menschlichen Immunsystems, das nun den Organismus nicht mehr vor der Schädigung durch körperfremde Stoffe schützen kann. Je mehr Allergenen (künstliche oder natürliche allergieauslösende Stoffe) der Organismus in seiner Umwelt ausgesetzt ist, desto empfindlicher wird er und desto öfter reagiert er mit Allergien.

Eine Krankheit, die man als "Schimmelkrankheit" bezeichnen könnte, gibt es allerdings nicht. Neben Schimmel gibt es viele weitere Ursachen, die zu einem Krankheitsausbruch beitragen können. Die Unmenge an Chemikalien und ihre ständig steigende Zahl ermöglicht zunehmend eine Überlastung des menschlichen Immunsystems und damit die Entstehung allergischer Erkrankungen.


Schimmel - was ist das?

Bei Schimmel handelt es sich um Pilze, die zuerst oberflächlich, später auch in die Tiefe gehend, die Wand und andere Materialien besiedeln. Stockflecken sind einzelne, meist runde Kolonien der Pilze, die aus einer einzigen Spore ausgekeimt sind.

Pilzforscher unterscheiden ca. 10 000 Schimmelpilzarten, von denen aber nur wenige in Wohnräumen vorgefunden werden. Einen "Wandschimmelpilz" gibt es nicht. Es herrscht ein buntes Nebeneinander verschiedener Arten, gehäuft treten allerdings Aspergillus- und Penicillium-Arten auf.

Pilze besitzen, im Gegensatz zu Pflanzen, kein Chlorophyll und sind daher nicht in der Lage, ihre Energie aus dem Sonnenlicht zu gewinnen. Als Energiequelle für Pilze im Wohnbereich dienen Holz- und Holzbestandteile, Wandfarben und Gipsputz, Blumentopferde bzw. abgestorbene Teile von Zimmerpflanzen sowie Lebensmittel. Wie alle Lebewesen brauchen auch Pilze Wasser zum Wachsen. Fehlt das Wasser, stirbt der Pilz jedoch nicht ab, sondern bildet sogenannte 'Dauerzellen' aus. Diese ermöglichen es dem Pilz, "Notzeiten" zu überstehen. Bei erneut günstigen Wachstumsbedingungen (Feuchtigkeit) wächst er dann weiter. Die Verbreitung und Vermehrung der Pilze erfolgt über Sporen und Konidien. Sie werden in unvorstellbar großer Zahl produziert und in der Luft schwebend verbreitet. Sie sind für das menschliche Auge nicht sichtbar (Durchmesser 0,002 - 0,006 mm). Zu einer Auskeimung und zum Pilzwachstum kommt es jedoch nur bei für die jeweilige Pilzart günstigen Wachstumsbedingungen. Feuchte Wände beispielsweise stellen einen idealen Lebensraum und Nährboden für Pilze dar.

Die wichtigsten im Wohnbereich vorkommenden Pilze sind solche der Gattungen Alternaria, Aspergillus, Cladosporium, Penicillium und Wallemia. Pilze mit besonderem toxischen Potential sind Aspergillus fumigatus, Aspergillus niger, Stachybotrus atra.


Wann kommt es zur Schimmelbildung?

Schimmelpilze benötigen zum Wachstum eine Temperatur von ca. 20 °C und eine Luftfeuchtigkeit von über 70 %. In der Wohnung entsteht Luftfeuchtigkeit durch Kochen, Geschirrspülen, Baden, Duschen, Waschen, Wäschetrocknen, durch Zimmerpflanzen und Verdunstung.

Eine Person verdunstet pro Nacht bis zu einem Liter Wasser. Dieser eine Liter reicht aus, um die Luftfeuchtigkeit eines knapp 50 m³großen Raumes bei einer Temperatur von 20 °C von 60 % auf 100 % zu steigern. So kann es in Schlafzimmern zu zwar geringen, aber lang andauernden Wasserdampfbelastungen kommen. In Küchen und Bädern kommt es dagegen zu extremen und kurzzeitigen Spitzenbelastungen, bei denen eine Kondensation des Wasserdampfes kaum vermieden werden kann.

Insbesondere in Bereichen mit Kältebrücken und schlechter Außenisolierung kann es zur Kondenswasserbildung kommen, was das Pilzwachstum fördert. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn in Altbauten neue gut dämmende Fenster eingebaut werden: Wo das Kondenswasser sich früher an der kalten Einfachverglasung sammelte, schlägt es sich nun durch die neue Isolierverglasung an der vergleichsweise kälteren Außenwand nieder. Schimmelbildung an Rolladenkästen oder in Raumecken sind die Folgen.

Als Folge konstruktiver Mängel treten Schimmelpilze auch in Neubauten auf, wenn die Gebäude nicht vollständig ausgetrocknet sind oder über längere Zeit unbemerkte Feuchteschäden zur Durchfeuchtung der Bausubstanz geführt haben.


Folgen des Schimmelbefalls:

Als erstes treten Verfärbungen der befallenen Stellen auf (Stockflecken). Diese sind erst klein und punktförmig, werden kreisrund größer und verwachsen schließlich zu einem Pilzrasen.

Nach längerem Befall werden die betroffenen Baustoffe zerstört: Tapeten werden zersetzt, Holz und Papier werden bröselig, Putz und Farben blättern ab.


Was tun?

Wände sollten in der Lage sein, Feuchtigkeit zeitweise aufzunehmen und zu speichern. Speicherfähige Putzschichten beispielsweise, die die Feuchtigkeit wieder abgeben, wenn die Luftfeuchtigkeit gesunken ist, verhindern, dass Wände dauerhaft nass bleiben.

Lüften: Überschüssige Luftfeuchtigkeit, wie sie während der Nacht in Schlafzimmern oder bei Anwesenheit mehrerer Personen in einem Raum entsteht, muss weggelüftet werden. Durch gezieltes Lüften und Heizen können auch nasse Wände wieder getrocknet werden, vorausgesetzt, sie sind richtig gedämmt und es liegen keine bauphysikalischen Mängel vor.

Mindestens einmal pro Stunde sollte die gesamte Raumluft ausgetauscht werden. In kleineren Räumen ist sogar eine höhere Luftwechselzahl empfehlenswert. Dabei spielt die Qualität der Außenluft natürlich auch eine große Rolle.

Unter Luftwechsel bzw. Luftwechselrate oder Luftwechselzahl versteht man den Luftvolumenstrom für einen Raum bezogen auf das Raumvolumen. Anders ausgedrückt gibt die Luftwechselrate an, wie oft die Raumluft pro Stunde ausgetauscht wird. Beispiel: Eine Luftwechselrate von 0,5 / h bedeutet, dass
50 % der Raumluft pro Stunde ausgetauscht werden bzw. dass alle zwei Stunden ein vollständiger Luftwechsel erfolgt.

Ein ausreichender Luftwechsel in Räumen ist aus folgenden Gründen unverzichtbar:

  • Entfernung von Schadstoffen
  • Entfernung von Kohlendioxid
  • Entfernung von Feuchte aus bauphysikalischen Erfordernissen
  • Nachlieferung der Verbrennungsluft, wenn raumluftabhängige Feuerstätten (z.B. offener Kamin, Gasherd) vorhanden sind.

Die Erfordenis eines geringeren Heizenergieverbrauchs einerseits und die Notwendigkeit sauberer Atemluft andererseits führt zu einem schwierigen Zielkonflikt. In Häusern und Wohnungen mit geringer Luftwechselrate kommt daher dem Stoßlüften (das weite Öffnen der Fenster für etwa 10 Minuten (möglichst Durchzug) drei- bis viermal täglich) eine große Bedeutung zu.

 

Die Bekämpfung der Schimmelpilze geschieht nachhaltig am besten durch bauliche Maßnahmen wie Beseitigung von Kältebrücken und verbesserte Lüftungsmöglichkeiten (z.B. Einbau einer kontrollierten Lüftung) 

Pilzbefall auf Baumaterialien lässt sich nur schwer dauerhaft beseitigen. Tapeten, Putz und Fugenmassen müssen in der Regel tief entfernt werden. Der Einsatz von Fungiziden sollte aufgrund der Giftigkeit dieser Substanzen vermieden werden. Außerdem stellt eine solche Maßnahme keine Lösung des Problems dar, da nicht die Symptome, sondern die Ursachen bekämpft werden müssen.

Akute Schimmelbehandlung:

  • Kurzfristig wirkt 70 % igen Alkohol. Dieser ist in Apotheken oder als Brennspiritus in Drogerien erhältlich. Es sollte jedoch vorsorglich an den eigenen Schutz ggf. Atemschutz, Handschuhe und eine Kunststofftüte für den Abfall gedacht werden. Ebenso ist daran zu denken, dass Alkohol brennbar ist - deshalb für eine gute Belüftung sorgen und nur geringe Mengen an Alkohol verwenden!
  • Zu beachten ist, dass auch von abgetöteten Sporen allergische und toxische Wirkungen ausgehen können. Für eine vollständige Sanierung sind lebende und tote Sporen vollständig zu entfernen.
  • Eine Überprüfung auch auf abgetötete Schimmelpilze kann in der Raumluft kann durch eine Gesamtsporenzahlbestimmung mit einem Partikelsammler durchgeführt werden.

 

Rechtliche Aspekte

Von einem Schimmelbefall sind Mieter und Vermieter betroffen. Alle Beteiligten sollten das gemeinsame Interesse verfolgen, den Schimmelpilz dauerhaft zu beseitigen. Eine Schuldzuweisung der einen oder anderen Partei macht wenig Sinn.

Bei einem außergerichtlichen Verfahren suchen sich die Parteien gemeinsam einen Gutachter, der von beiden akzeptiert wird. Eine Kostenteilung seitens der Auftraggeber begünstigt die Neutralität des Schverständigen.

Kommt es zur gerichtlichen Konfrontation, d.h. sind Mieter und Vermieter oder Eigentümer und Bauträger unterschiedlicher Auffassung über die Ursache des Feuchteschadens, können hohe Kosten entstehen: durch die Gutachter der gegnerischen Parteien, die jeweils eigene Gutachten anfertigen lassen, und möglicherweise noch seitens des Gerichts, das ein drittes Gutachten in Auftrag geben kann. Kosten für Rechtsanwälte und die Gerichtskosten kommen noch dazu. Wie immer das Urteil lauten mag: die Parteien sind zerstritten und finden erst recht nicht zueinander - und der Schimmelpilz ist immer noch da.

 

Weitere Informationen:

 

© Schadstoffberatung Tübingen   Dezember 2015