Schadstoffberatung Tübingen

Spanplatten und andere Holzwerkstoffe

Seit den fünfziger Jahren werden Spanplatten als Ersatz für Massivholzbretter verwendet. Anfänglich wurden sie vor allem furniert und im Möbelbau eingesetzt. Mittlerweile ist die Spanplattenproduktion so vielseitig, daß man schon viele konstruktive Elemente sowie Innenausbaumaterialien eines Hauses daraus herstellen kann, z.B. Fußböden, Innenwandverkleidungen und Unterkonstruktionen. Im Gegensatz zu Massivholz verziehen sich die Platten nicht. Heute gibt es wohl kaum noch ein Haus, in dem nicht etliche Quadratmeter Spanplaten verarbeitet worden sind.

Das Grundmaterial für Spanplatten sind holzhaltige Faserstoffe. Überwiegend handelt es sich um Industrieholz (Sägewerks- und Hobelreste), Altholz, Bau- und Restholz sowie Schwach- und Durchforstungsholz. Da diese "Rohstoffe" nicht immer herkunfts- und sortenrein getrennt werden, können auch mit Holzschutzmitteln belastete Hölzer in die Produktion und anschließend in Häuser und Wohnräume gelangen.

Kritisch ist auch teilweise die Verwendung der Bindemittel, mit denen die aufgearbeiteten Holzspäne zu Platten gepreßt werden. Sie können nicht nur die Umwelt, sondern auch die menschliche Gesundheit schädigen. Es gibt Bindemittel, die Formaldehyd enthalten und mit den Holzspänen keine dauerhafte Verbindung eingehen. So kann Formaldehyd ununterbrochen aus den Spanplatten ausgasen und die Raumluft belasten. Das Gas entweicht, solange die Spanplatte existiert. Erst wenn die Platten selbst zerbröseln, besteht keine Gesundheitsgefahr mehr. Formaldehyd kann also noch nach 10 bis 30 Jahren die Bewohner schädigen. Das Gas entweicht vorwiegend an den Stellen, die nicht verklebt oder zusätzlich geschützt sind, wie z.B. an Sägeschnitten oder aus Bohrlöchern. Unbedenkliche Bindemittel sind Magnesit, Gips oder Zement.

 

Formaldehyd:

Formaldehyd ist ein stechend riechendes Gas, das Schleimhäute und Atemwege reizt und Augen- und Nasenschleimhautreizungen, Hustenreiz, Kopfschmerzen und Unwohlsein hervorrufen kann. Längerfristig kann Formaldehyd allergische Reaktionen auslösen oder allergische Reaktionen gegenüber anderen Substanzen begünstigen. Formaldehyd wird nicht im Körper angereichert. Die IARC (International Agency for Research on Cancer, IARC) änderte im Juni 2004 die IARC-Einstufung von Formaldehyd in Gruppe 1 („carcinogenic to humans“), jedoch wird von der "Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraum-Richtwerte" (2006) festgestellt, dass die Neueinstufung durch die IARC keine Änderung des Richtwertes für Formaldehyd (sogenannter "Safe Level") in der Innenraumluft von 0,1 ppm erforderlich macht.

Die Prüfverfahren für die Festlegung von Grenzwerten erfolgen unter Normbedingungen und sind nicht mit den Bedingungen in einem Wohnraum zu vergleichen. Allein schon durch die unterschiedlichen klimatischen Verhältnisse im Sommer und im Winter sind die Innentemperaturen, und die Luftfeuchtigkeit und damit die Ausgasungsrate von Formaldehyd sehr unterschiedlich.

Emissionsklassen:

Die Emissionsklassen sind eine Einteilung von Preßspanplatten und anderen plattenförmigen Holzwerkstoffen nach ihrer Formaldehyd- Ausgleichskonzentration in einer Prüfkammer. Die Emissionsklassen geben Auskunft über die Höhe der Formaldehydausgasung. Die festgelegten Parameter des Prüfkammerverfahrens (Luftwechselzahl 1/h, Raumbeladung 1 m² / m³) spiegeln aber nicht immer die in der Praxis vorliegenden Bedingungen wieder. Durch den Einsatz von hochdichten Fenstern sind Luftwechselraten bis hinunter zu 0,2 / h möglich. Auch die Raumbeladung ist, vor allem bedingt durch den Einsatz von Holzfaser- und Spanplatten  im Möbelbau, oft höher.

Die Einteilung erfolgt in drei Klassen:

  • Emissionsklasse E1 : Formaldehyd-Ausgleichskonzentration unter 0,1 ppm
  • Emissionsklasse E2 : Formaldehyd-Ausgleichskonzentration 0,1 - 1,0 ppm
  • Emissionsklasse E3 : Formaldehyd-Ausgleichskonzentration über 1,0 ppm

Holzfaserprodukte mit der Bezeichnung E1 können in Einzelfällen auch deutlich über dem Richtwert Formaldehyd emittieren. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Hersteller von Produkten für den Innenausbau gelieferte E1-Holzwerkstoffe weiterverarbeiten (z.B. die Holzwerkstoffe für die Herstellung von Akustikpaneelen lochen oder schlitzen).

Spanplatten mit der Bezeichnung F 0 sind formaldehydfrei, d.h. es wurden keine Bindemittel auf der Basis von Formaldehydharzen eingesetzt. Üblich ist dann die Verwendung von Polyurethan-Bindemitteln. Hier entsteht allerdings möglicherweise ein Problem durch Isocyanate.

Formaldehydfrei mineralisch gebundene Spanplatten bestehen zu ca. 65 Gewichtsprozent aus Hobelspänen, 10 Prozent sind gebundenes Wasser und 25 Prozent mineralische Bindemittel, Erhärtungsbeschleuniger und andere Zuschlagstoffe. Mineralisch gebundene Spanplatten sind erheblich widerstandsfähiger gegen Pilzbefall, Feuer und Feuchtigkeit als kunstharzgebundene.

Seit einiger Zeit wird auch der Holzbestandteil Lignin als Bindemittel eingesetzt, was als umweltfreundliche Alternative zu begrüßen ist. Mit dem Umweltzeichen (RAL - Umweltzeichen 38) können plattenförmige Holzwerkstoffe gekennzeichnet werden, die eine Ausgleichs-konzentration von 0,05 ppm und darunter erreichen.

Typenbezeichnungen:

  • V - 20 : überwiegend Harnstoff-Formaldehyd-Harze (Aminoplaste)
  • V - 100 : Phenol-, MDI- (Isocyanate), MDI-Melamin, MDI-Phenol-Formaldehyd-Harze
  • V - 100 G : wie V 100, aber mit Fungizidzusatz

 

Holzwerkstoffe

Unter dem Sammelbegriff Holzwerkstoffe werden Produkte zusammengefaßt, die durch Zusammensetzen von Holzfasern, Holzspänen oder Furnieren, meist unter der Zugabe von Bindemitteln (Formaldehydharze, Polyurethanharze, Gips, Zement, Magnesit), hergestellt werden. Sperrholz, Spanplatten und Holzfaserplatten zählen traditionell zu den Holzwerkstoffen. In Abhängigkeit vom verwendeten Bindemittel haben Holzwerkstoffe eine unterschiedliche gesundheitliche Relevanz (Stichworte: Formaldehyd, Isocyanate).

Emissionsarme Holzwerkstoffe

Die Jury Umweltzeichen hat 1992 ein Umweltzeichen beschlossen, mit dem beschichtete und unbeschichtete Spanplatten, Tischlerplatten und Faserplatten gekennzeichnet werden können. Die Anforderungen enthalten neben einem Grenzwert für Formaldehyd (0,05 ppm) auch Anforderungen an MDI (Isocyanat) und Phenole, die nachweisbar nicht emittieren dürfen, sofern entsprechende Bindemitel verwendet wurden. Darüber hinaus dürfen den Holzwerkstoffplatten (inklusive Beschichtungen) keine Holzschutzmittel/ Biozide und keine halogenorganischen Verbindungen (z.B. Fluoride, Chloride, Bromide) zugesetzt werden.

Formaldehydarme Holzwerkstoffe

Mit dem RAL-Umweltzeichen 38 sind Emissions- und damit auch Formaldehydarme Produkte aus Holz/Holzwerkstoffe gekennzeichnet (gilt nur für Produkte, die zu mehr als 50 % aus Holz bestehen). Die für die Herstellung der Produkte eingesetzten Holzwerkstoffe dürfen im Rohzustand eine Ausgleichskonzentration von maximal 0,1 ppm Formaldehyd (entspricht der Emissionsklasse E 1) nicht überschreiten. Bei den fertigen Produkten ist ein Grenzwert von 0,05 ppm vorgegeben.

 

Quellen:
M.Fritsch: Handbuch gesundes Bauen und Wohnen, dtv 1996
G.Zwiener: Ökologisches Baustoff-Lexikon, C.F.Müller-Verlag 1994
www.bfr.bund.de: Vortrag Wolfgang Plehn: Was können emissionsarme Baustoffe und Möbel leisten?

 

© Schadstoffberatung Tübingen   Dezember 2015