Schadstoffberatung Tübingen

Teppichboden

In Deutschland sind 63 % aller Bodenbeläge Teppichböden. 70 % davon werden nach dem Tufting-Verfahren hergestellt. Dabei wird das Polmaterial in ein vorgefertigtes Vlies oder Gewebe eingenadelt und anschließend mit einem Vor- bzw. Verfestigungsanstrich versehen. Schließlich wird eine Rückenausrüstung (Schaumrücken, textiler Zweitrücken, Synthese- oder Naturkautschuk) aufgebracht.

Zur Herstellung konventioneller Teppichböden werden eine Vielzahl unterschiedlicher Materialien benötigt. Das Flor- bzw. Polmaterial besteht bei der Mehrheit der Teppichböden aus Polyamid. Weitere Materialien sind Polyacrylnitril und Polyester sowie Naturprodukte wie Wolle, Jute, Kokosfasern, Sisal, Seide und Baumwolle.

Als Trägermaterial für getuftete Teppichböden dienen meist Polypropylen-Bändchengewebe, als Rückenbeschichtung wird meist eine Schaumbeschichtung oder ein textiler Zweitrücken verwendet. Auf dem Markt befinden sich aber auch Teppichböden, die mit einem sogenannten Glattstrich aus Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) oder Naturkautschuk (Naturlatex) versehen sind. Die SBR-Schaumbeschichtung wird durch Einschlagen von Luft in den Schaum unter Zuhilfenahme von oberflächenaktiven Substanzen hergestellt.

Außer den weitgehend aus synthetischen Materialien hergestellten Teppichböden werden in den letzen Jahren zunehmend Teppichböden aus Naturmaterialien angeboten. Hierbei verzichten Hersteller z.B. häufig auf die Mottenschutzausrüstung.

Bei der Verlegung unterscheidet man vier Varianten: Loses Auslegen (ohne Randbefestigung oder mit doppelseitigem Klebeband), Fixieren (mit Haftvlies oder Haftgitter), Spannen, Kleben (mit Lösemittel- oder Dispersionklebstoff).

Das Spannen von Teppichböden ist vergleichsweise aufwendig, aber die umweltfreundlichste Methode.

Beim Kleben ist grundsätzlich mit Emissionen von leichtflüchtigen organischen Verbindungen (VOC) zu rechnen. Auch Dispersionsklebstoffe können bis zu 5 % Lösemittel enthalten. Kunstharz-Lösemittelklebstoffe führen zu sehr hohen Raumluftbelastungen, die nach ca. 24 Stunden zwar stark abgesunken sind, aber inzwischen die Lösemittel in die Umwelt abgegeben haben. Von Pflanzenchemieherstellern werden Kleber auf Naturstoffbasis (aber auch mit Lösemitteln, meist ätherischen Ölen) angeboten.

Aufgrund der großflächigen Verlegung von Teppichböden haben diese einen großen Einfluß auf das Innenraumklima. Sehr häufig kommt es nach der Verlegung von synthetischen Teppichböden zu starken Geruchsbelästigungen, die so penetrant sein können, daß gesundheitliche Beschwerden auftreten. Die meisten der analysierten chemischen Verbindungen sind noch nicht bewertet worden, so daß es für sie keine Grenzwerte gibt.

Konventionelle Teppichböden werden mit einer Vielzahl sogenannter Ausrüstungen versehen. Dabei handelt es sich zum großen Teil um den Zusatz von Chemikalien.

Antistatika verhindern die elektrische Aufladung von Chemiefasern. Das wird zum einen durch das Besprühen mit Ameisensäure und Ammoniumverbindungen erreicht, oder es wird durch eingewebte Kupferfasern ein leitfähiger Teppichrücken hergestellt, der die statischen Aufladungen über umgebende Materialien ableitet. Die Verwendung von leitenden Fasern oder Rückenmaterialien ist die eindeutig umweltfreundlichere Variante. Sinnvoll sind Antistatika in Räumen mit elektrisch empfindlichen Geräten wie beispielsweise Computern oder in Räumen mit viel Publikumsverkehr.

Antisoilings sollen die Teppichfasern vor Verschmutzung schützen, z.B. unter der Bezeichnung "Scotchgard". Die Fasern werden dazu mit FCKW oder Glykolethern beschichtet. Allerdings wird durch den Einsatz von Antisoilings eine Verschmutzung nicht verhindert, sondern lediglich verzögert. Man kann also leicht darauf verzichten, wenn man den Teppichboden in Art und Farbe seiner Beanspruchung anpasst oder von vornherein in stark benutzten Bereichen glatte Bodenbeläge wählt, die durch feuchtes Wischen leicht sauberzuhalten sind.

Eine antimikrobielle Zusatzausrüstung schützt den Teppich vor einem Befall durch Bakterien und Pilze. Dies ist (wenn überhaupt) nur sinnvoll in Räumen wie Arztpraxen und Krankenhäusern, obwohl hier aus Gründen der Hygiene ganz auf den Einsatz von Teppichboden verzichtet und auf andere Bodenbeläge wie z.B. Linoleum zurückgegriffen werden sollte.

Mottenschutzmittel sollen den Teppich vor Befall durch Motten und dem sogenannten Teppichkäfer schützen. Dies wird durch den Einsatz von Bioziden wie z.B. Permethrin erreicht. Dabei geht es weniger um den Schutz des Verbrauchers als um die Qualitätssicherung der Ware währen der Lagerung und dem Transport (v.a. bei fernöstlichen Teppichen). Grundsätzlich muß man davon ausgehen, daß alle Teppichböden aus Tierfasern (Wolle, Ziegenhaar, Seide) mit Pyrethroiden (Permethrin, EulanÒ , WA neuÒ ) behandelt sind. Auch andere Naturfasern wie Baumwolle, Sisal oder Kokos können mit Bioziden belastet sein. Beim Kauf von Bodenbelägen aus Tier- oder Pflanzenfasern sollte deshalb immer nach den Faserbehandlungen oder entsprechenden Gütesiegeln gefragt werden. Es gibt auch Teppiche und Teppichböden ohne Mottenschutzmittel!

Es gibt verschiedene 'Teppichsiegel', die Aussagen über den Eisatz von Chemikalien machen.

Ein Wollteppich mit dem Wollsiegel oder dem IWS-Siegel bescheinigt die Behandlung mit Mottenschutzmitteln (Pyrethroide).

Das ETG-Siegel (Europäische Teppichgemeinschaft) gibt Auskunft darüber, ob Pentachlorphenol (PCP) oder Formaldehyd im Teppich enthalten sind.

Die Gemeinschaft umweltfreundlicher Teppichböden (GUT) bürgt mit ihrem GUT-Gütesiegel dafür, daß Asbest, FCKW, Azo-Färbemittel, Vinylchlorid, Pestizide, Formaldehyd und Pentachlorphenol (PCP) bei der Herstellung nicht verwendet wurden. Zudem hat diese Gemeinschaft für Toluol, Styrol, Vinylcyclohexen und 4-Phenylcyclohexen Grenzwerte festgelegt, die erheblich unter den konventionell hergestellten Teppichböden liegen. Summenparameter für aromatische Kohlenwasserstoffe und flüchtige organische Stoffe runden die Kriterien ab. Neutrale Laboruntersuchungen ergaben allerdings, daß die vorge-gebenen Richtwerte der GUT teilweise erheblich überschritten werden.

Vorsicht ist also geboten, denn das GUT-Gütesiegel bescheinigt keine Schadstoff- oder Giftfreiheit, sondern auch solche Teppichböden können noch andere, teilweise giftige Substanzen enthalten.

Nach Möglichkeit sollte aus hygienischen und gesundheitlichen Gründen kein Teppichboden verlegt werden. Allergiker sollten besonders darauf achten, da bei Teppichböden die Staubentwicklung wesentlich größer ist als bei glatten Bodenbelägen. Der Teppichboden ist eine Sammelpunkt für Wohngifte aller Art, die aus Möbeln, Vorhängen, Spanplatten, Farben und Klebstoffen austreten und sich an den vielen kleinen Fasern festsetzen. Beim Betreten des Teppichs werden Partikel gemeinsam mit dem Hausstaub immer wieder aufgewirbelt und zwangsläufig von den Bewohnern eingeatmet,

Grundsätzlich sollten keine Teppichböden mit Schaumstoffrücken verlegt werden. Auch auf eine großflächige Verklebung sollte man nach Möglichkeit verzichten, Randfixierungen oder Klebebänder genügen als Halt für Flächen bis zu 30 Quadratmetern. Bei Natur-Teppichböden sollte auf dem Zertifikat des Herstellers angeführt sein, daß der Juterücken mit 'Naturlatex' verklebt wurde.

Quellen:
M.Fritsch: Handbuch gesundes Bauen und Wohnen, dtv 1996
G.Zwiener: Ökologisches Baustoff-Lexikon, C.F.Müller-Verlag 1994
ÖKO-Test 6/96

 

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© Schadstoffberatung Tübingen   Dezember 2015